Gestern lud das sächsische Bildungswerk für Kommunalpolitik in das ubineum nach Zwickau ein. Beim Pflege-Fachtag sollte nicht nur die Pflegeinfrastruktur im Landkreis Zwickau, sondern die Zukunftsfähigkeit des Pflege-systems für ganz Sachsen auf den Prüfstand gestellt werden. Angesichts des demographischen Wandels und der Lohn- und Rentenentwicklung, v.a. in den ostdeutschen Ländern, wird sich zunehmend die Frage der Finanzierbarkeit für die Betroffenen stellen. „In den letzten Jahren ist viel Geld in die Pflege investiert worden. Gleichzeitig ist es leider noch immer ein Nischenthema, das in der Gesellschaft mehr oder weniger verdrängt wird“, so MdL Patrick Schreiber. Umso wichtiger ist es, das Thema „Pflege“ weiter in das Bewusstsein der Menschen zu rücken. Einen wichtigen Beitrag hierfür leisten u.a. die Mediziner vor Ort. So seien Ärzte zumeist die ersten Ansprechpartner, wenn es um Fragen zur Pflege geht, erzählt Frau Dr. Carmen Hammer aus eigener Erfahrung. Sie versuche daher das Thema mit ihren Patienten zu besprechen, sodass diese rechtzeitig vorsorgen können.
Doch auch die Politik ist gefordert. Während Patrick Schreiber die Arbeit der Enquete-Kommission des Sächsischen Landtages zur „Sicherstellung der Versorgung und Weiterentwicklung der Qualität in der Pflege älterer Menschen im Freistaat Sachsen“ vorstellte, war es an Amtsleiter Tobias Habermann, die bisherigen Entwicklungen und Pläne zur Organisation der Pflege für den Landkreis Zwickau zu erläutern. In der Diskussion mit dem Publikum zeigte sich dann, dass insbesondere die Vernetzung und Koordination bei der Pflege im Landkreis Zwickau noch Nachholbedarf hat. „Letztlich müsse das Ziel sein, dass sich der Patient gut aufgehoben fühlt, egal ob er sich zuerst an den Landkreis, die Kommune oder an einen Pflegedienst wendet“, fasst Benjamin Müller, Bereichsleiter der Altenhilfe der Stadtmission Zwickau, zusammen.
Die Pflege umfasst dabei viele Schwerpunkte. Zum einen gilt es durch Prävention und Vorsorge möglichst lange eine Pflegebedürftigkeit hinauszuzögern. Tritt der Pflegebedarf dann ein, kann durch ein geeignetes Wohnumfeld den Betroffenen ein weiterhin selbstbestimmtes Leben ermöglicht werden. Natürlich müssen ausreichend Pflegeplätze (ambulant und stationär) zur Verfügung stehen, wenn eine Versorgung im gewohnten Umfeld nicht mehr möglich ist. Dabei ist v.a. die Bereitstellung von Kurzzeitpflegeplätzen für kurzfristige Bedarfe sowie zur Entlastung der pflegenden Angehörigen ein Problem, das es zu lösen gilt. Hinzu kommt die ärztliche Versorgung, die in Zusammenarbeit mit den Pflegediensten organisiert werden muss.
Angesichts dieser komplexen Problemlagen, ist es umso erfreulicher, das die Einführung der Pflegestärkungsgesetze I. und II. und damit verbunden die Umstellung auf Pflegegrade, anstelle von Pflegestufen, vom System gut aufgenommen wurde. Die Frage des Fachkräftemangels in der Pflege wird die Politik jedoch weiterhin beschäftigen. Patrick Schreiber sagt hierzu: „Man kann Pflege auf unterschiedlichen Wegen organisieren, aber wenn man qualitativ hochwertige Pflege und gut ausgebildetes Personal haben will, muss man das auch entsprechend bezahlen!“ Eine dafür nötige Erhöhung der Beiträge zur Pflegeversicherung gilt den politischen Vertretern daher für angebracht, zumal die gesellschaftliche Akzeptanz dafür als positiv eingeschätzt wird. Neben den politischen Entscheidungsträgern bereicherten jedoch auch viele ehrenamtlich Engagierte des Pflegebereiches die Diskussion. So bietet der Verein „Aktiv ab 50“ Alltagsbegleiter für Senioren an, z.B. beim Einkaufen oder für Arztbesuche. Hier zeigt sich, dass die Pflege auch einen integrativen Charakter haben sollte. In diesem Zusammenhang sind Kultur- und Sportangebote wichtig, nicht nur als Präventionsmaßnahmen, sondern um den Älteren einen Platz in der Gesellschaft zu erhalten. Viele ehrenamtlich Tätige merkten jedoch an, dass ohne entsprechende Aufwandsentschädigungen sich viele Engagierte das Ehrenamt nicht mehr leisten könnten. Es wurde offensichtlich, dass die Weiterentwicklung der Pflege nur gemeinsam von allen Handelnden bewältigt werden kann. Es gilt daher auch in Zukunft Diskussionsrunden, wie diesen Fachtag der BKS in Zwickau, zu nutzen, um die Pflege in Sachsen weiter zu verbessern.